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Veröffentlichungen

Der lange Weg durch die Instanzen: Segen oder Fluch der Rechtsstaatlichkeit?

Meist ist der Weg zum Recht ein sehr langwieriger. Da heißt es für Mandant und Anwalt, nicht die Nerven verlieren und einen kühlen Kopf bewahren. Leider kann ein Anwalt nie verhindern, dass sein Mandant verklagt wird.

 

Selbst wenn von Anfang an feststeht, dass der andere verlieren wird, bleiben Stress und Zweifel. Dies wird noch erhöht durch Einlegung aller möglichen und unmöglichen Rechtsmittel durch den Verlierer. Verdeutlichen möchte ich das an einem Fall, der bereits in Auszügen in der Presse zu finden war. Gegenstand des Streites war die Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung in einer Gemeinde. 

1998 wurde wegen der örtlichen Besonderheiten eine private GmbH hiermit beauftragt. Der Versuch scheiterte nach kurzer Zeit, weil die GmbH u. a. über die eingenommenen Gebühren nicht abrechnete. Die GmbH stellte einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht, nachdem ich im Auftrag der Gemeinde die Kündigung ausgesprochen hatte. Im Gerichtstermin gelang es, sich auf den Räumungstermin 31.12.2001 und Abrechnungstermin 31.08.2001 zu vergleichen. Da die Abrechnung bis September 2001 nicht erfolgte, beantragte ich die Zwangsvollstreckung beim Gericht. Die GmbH erklärte daraufhin die Anfechtung des Vergleiches wegen Irrtum, Täuschung und Drohung. 

Für mich war klar, dass kein Anfechtungsgrund vorhanden war, aber das Verwaltungsgericht musste über die Wirksamkeit der Anfechtung entscheiden. Den Einschüchterungsversuch des gegnerischen Anwalts im Ohr “ich hätte keine Chance, schon andere Anwälte hätten wegen des großen Einflusses seines Mandanten ihren Job verloren”, beschloss ich, den Fall doch besser zu gewinnen. Danke für den Motivationsschub. 

Die Auseinandersetzung eskalierte zum Kraftakt. Die Schriftsätze der GmbH wurden wahrscheinlich nach einem kg-Preis abgerechnet. Ich hatte körperliche Mühe, sie zu bewältigen. Mein Hinweis, sich “aus ökologischen Gründen auf das Wesentliche zu beschränken”, wurde mit einer bösen (20seitigen) Rüge quittiert. Im Ergebnis bestätigte das Gericht den Vergleich, die Anfechtung war nicht möglich. Die GmbH ging in Beschwerde zum OVG. Auch dort gewann die Gemeinde. Eine freiwillige Übergabe erfogte nicht, ich beantragte die Zwangsvollstreckung zur Herausgabe der Wasser- und Abwasseranlagen. Das Verwaltungsgericht ordnete die Zwangsvollstreckung an. Die GmbH ging in Beschwerde und erstattete Strafanzeigen gegen die “Guten”, Vertreter der Behörden, Richter und mich. Die Beschwerde wurde zurückgewiesen, ebenso weitere Eilanträge der GmbH. Auch der Gang zum Bundesverwaltungsgericht blieb ohne Erfolg. 

Wir haben die Zwangsvollstreckung im Januar 2002 nach einer langen Irrfahrt erfolgreich durchgeführt und sind, wie einst Odysseus, im heimatlichen Hafen angelangt. Mit den Hinterlassenschaften der GmbH werden wir noch eine Weile zu tun haben. Auch in anderen Fällen ist es oft so: Recht haben, ist das eine, Recht kriegen, ein langer Weg durch die Instanzen, der nur mit Durchhaltevermögen zu bewältigen ist.