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Veröffentlichungen

Das war nicht so gewollt – die Testamentsanfechtung

So manch ein potentieller Erbe erlebt nach der Eröffnung des Testaments eine unerfreuliche Überraschung. Obwohl der Erblasser seinen vermeintlich letzten Willen möglicherweise noch zu Lebzeiten äußerte, mag das Testament nun einen anderen Inhalt haben. Doch nur weil das Testament nicht den eigenen Erwartungen entspricht, heißt das noch lange nicht, dass erfolgreich dagegen vorgegangen werden kann. 


Das Erbrecht gestattet zwar die Anfechtung testamentarischer Verfügungen durch die Hinterbliebenen. Ein solches Vorgehen ist jedoch an strikte Vorgaben gebunden. Die Testamentsanfechtung hat zum Ziel, einzelne Verfügungen innerhalb des Testamentes – oder das ganze Testament – für nichtig zu erklären. Dabei ist jedoch zu beachten, dass zunächst eine Auslegung des Testaments, d. h. eine Klärung des tatsächlichen letzten Willens des Erblassers jeder Anfechtung vorgeht. Erst wenn mit Hilfe der Auslegung dem Willen des Erblassers nicht zur Durchsetzung verholfen werden kann, kommt eine Anfechtung in Betracht. 


Die Anfechtung ist möglich, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt der Abfassung des Testaments widerrechtlich bedroht wurde oder einem Irrtum unterlag (er hat sich etwa verschrieben). Außerdem kann auch ein Irrtum über vergangene, gegenwärtige oder zukünftige Umstände Grund für eine Anfechtung sein. Die Anfechtung führt zu einer rückwirkenden Nichtigkeit der letztwilligen Verfügung. An deren Stelle tritt zumeist die gesetzliche Erbfolge – anders jedoch, wenn nur einzelne Teile des Testaments angefochten werden. Dann bleiben in der Regel die übrigen Verfügungen bestehen. 


Berechtigt zu einer Anfechtung sind diejenigen Hinterbliebenen des Erblassers, denen die Aufhebung der angefochtenen Verfügung zugutekommen würde und sie tatsächlich einen unmittelbaren Vorteil daraus haben. Dies zu prüfen, ist nicht immer leicht. Die Anfechtung ist sodann gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht zu erklären. Zu beachten ist, dass die Anfechtung auch zeitlich nicht unbegrenzt möglich ist. Das Anfechtungsrecht geht verloren, wenn die Anfechtungsfrist abgelaufen ist. Diese läuft nach einem Jahr nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes ab, spätestens jedoch 30 Jahre nach dem Erbfall.


Steuerrechtlich gilt es zu berücksichtigen, dass eine bereits formell rechtskräftige Steuerfestsetzung (Erbschaftssteuer) durch eine wirksame Anfechtung geändert werden kann. Aufgrund der Vielzahl der rechtlichen Stolpersteine sollte eine Testamentsanfechtung wohl überlegt sein. Auf jeden Fall sollte zuvor notarieller oder anwaltlicher Rat eingeholt werden.