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Veröffentlichungen

Schrottimmobilie und ein zerstrittenes Gericht

Wie den meisten noch bekannt sein dürfte, herrschte Anfang und Mitte der 90iger Jahre, insbesondere in Ostdeutschland, ein regelrechter Bauboom. Mit dem Versprechen von hohen Renditen verbunden mit Steuererleichterungen wurden viele Anleger, auch Kleinanleger, zum Kauf von Eigentumswohnungen oder Anteilen an geschlossenen Immobilienfonds animiert.

Nach dem Platzen der „Immobilienblase“ Ende der 90iger Jahre konnten die meisten Anleger die Kredite, die sie zur Finanzierung der Eigentumswohnungen aufgenommen hatten, nicht mehr zurückzahlen. Es kam zu einer Reihe von Rechtsstreiten, von denen einige bis zum Europäischen Gerichtshof getragen wurden. Dieser stellte fest, dass das deutsche Recht nicht den Schutzbestimmungen der Verbraucherrichtlinie entspricht. 

Das europäische Recht regelt durch Verordnungen und Richtlinien bereits vielfach unser tägliches Leben. Aufgrund der vorgenannten Richtlinie wurden in den 80iger Jahren in Deutschland das Haustürwiderrufsgesetz und das Verbraucherkreditgesetz erlassen, wobei das Verbraucherkreditgesetz vereinfacht gesagt bestimmt, dass für den Fall von Verbraucherkrediten das Haustürwiderrufsgesetz nicht anwendbar ist. Hierdurch entstand für den Fall von Immobilienfinanzierungen jedoch eine Schutzlücke, welche der Europäische Gerichtshof rügte und weshalb er die Einschränkung des Verbraucherkreditgesetzes für unzulässig erklärte.

In der Folge konnten Kreditverträge, die von "Drückerkolonnen" verkauft wurden, noch lange nach Abschluss des Kreditvertrages widerrufen werden. Der Bundesgerichtshof entschied über die Zulässigkeit von solchen Widerrufserklärungen, war sich jedoch über die Rechtsfolge des Widerrufs nicht einig. Der II. Zivilsenat entschied, dass der Anleger im Falle des Widerrufs keine Zahlungen mehr an die Bank zu leisten habe, sogar die bisher gezahlten Raten zurückverlangen könne. Der XI. Zivilsenat dagegen war der Auffassung, dass der Darlehensvertrag zwar mit dem Widerruf unwirksam würde, der Darlehensnehmer jedoch dann den kompletten Darlehensbetrag auf einmal zurückzuzahlen hätte. Beide stützten sich dabei auf die gleichen Gesetze, interpretierten sie jedoch anders. Die unterschiedlichen Auffassungen der Richter führten zu einer regelrechten Feindschaft. Es wird berichtet, dass sich die Richter auf den Fluren des Gerichts grußlos begegneten.

Im Mai diesen Jahres hat sich der XI. Zivilsenat mit seiner Auffassung durchgesetzt. In einer Reihe von Entscheidungen erklärte er, dass grundsätzlich der Darlehensbetrag im Falle des Widerrufs zurückzuzahlen sei. Hiervon existieren zwar eine Reihe von Ausnahmen, deren Darstellung den Rahmen dieses Artikels sprengen würde.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass das jetzt vorliegende Ergebnis für den Rechtsuchenden positiv ist. Auch wenn man mit den Entscheidungen des XI. Zivilsenats nicht einverstanden sein muss, so gibt die einheitliche Linie nunmehr die Möglichkeit, den Ausgang eines etwaigen Rechtsstreits etwas genauer vorherzusagen.