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Veröffentlichungen

Mehrkosten beim Bau

Wer muss diese tragen?

Dass Bauvorhaben teurer werden können als geplant, ist gerade in heutigen Zeiten bekannt. Auch wenn die Mehrkosten selten Dimensionen des Flughafens-Neubaus erreichen, so stellt sich auch bei weitaus geringeren Beträgen immer wieder die Frage, wer die zusätzlichen Kosten tragen soll. Der Auftraggeber oder der Auftragnehmer?

Eine der häufigsten Ursachen für diesbezügliche Streitereien ist ein unklar gefasstes Leistungsverzeichnis. Im Leistungsverzeichnis wird festgelegt, welche konkreten Leistungen vom Auftragnehmer erbracht werden sollen. Bei einem Vertrag, z. B. über ein Hausbau, werden hier üblicherweise alle Leistungen vom Keller bis zum Dach, Mengenangaben, Einheitspreise, Ausführungstechniken usw. aufgeführt. Trotz der Detailfülle und -tiefe bleiben gleichwohl immer wieder Fragen offen.

Werden sich die Parteien dann nicht einig, und landete der Fall vor dem Gericht, so prüft der Richter was sich durch Vertragsauslegung des Bauvertrages und des Leistungsverzeichnisses ermitteln lässt. Vor kurzem entschied das OLG Hamm die Klage eines Auftragnehmers auf Zahlung von Restwerklohn, welcher für nicht im Leistungsverzeichnis aufgeführte Kleinteile verlangt wurde. Der verklagte Auftraggeber hatte den Auftragnehmer beauftragt, einen Solarspeicher zu errichten. Nach Fertigstellung des Werkes verweigerte der Auftraggeber dem Auftragnehmer die Bezahlung der nicht im Leistungsverzeichnis benannten Kleinteile. Zu Unrecht. Das Leistungsverzeichnis enthielt keine funktionale Beschreibung sondern lediglich die Bezeichnung "F2-Wärmepumpe mit F-Solarunterstützung". Das damit umschriebene Leistungssoll beschränkte sich daher allein auf die konkrete Wärmepumpe und umfasste keine noch zusätzlich notwendigen Kleinteile. Folglich habe der Auftraggeber, so das OLG, das Risiko der Unvollständigkeit des ursprünglichen Leistungsverzeichnisses zu tragen.

Anders hätte es sich verhalten, wenn die Leistungen nicht nur im Leistungsverzeichnis benannt sondern zusätzlich auch funktional vertraglich beschrieben worden wären. Bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung wird die vertraglich erwartete Funktion, also der Nutzzweck, beschrieben. Gibt es solch eine funktionale Leistungsbeschreibung wird das Risiko der Unvollständigkeit auf den Auftragnehmer verlagert, da er dann den Leistungserfolg insgesamt, also auch mit notwendigen Kleinteilen, schuldet.
Der vom OLG Hamm entschiedene Fall hat wieder einmal mehr bestätigt, dass bei der Erstellung von Leistungsverzeichnissen und Bauverträgen unbedingt darauf zu achten ist, dass das Leistungssoll klar formuliert wird.